Griechische und lateinische Philologie
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Neulateinisches Kolloquium


Neulateinisches Colloquium
(Prof. Dr. Claudia Wiener, Prof. Dr. Wilfried Stroh)

Jacobus Balde SJ, Lyrica III Fortsetzung

Mittwoch, 18-20 Uhr
Geschwister-Scholl-Platz 1, M 007

„Ein Monument dauernder als Erz und Pyramiden“ wollte der stolze Horaz mit seinen 4 Büchern Oden geschaffen haben. Nur drei neulateinische Dichter haben es gewagt, sich in diesen Wettlauf zwischen Horaz und den Pyramiden (der ja noch nicht entschieden ist), mit lyrischen Werken vergleichbaren Anspruchs einzuschalten: der deutsche „Erzhumanist“ Conrad Celtis PL (1459-1508), der polnische Theologieprofessor M. Casimir Sarbiewski SJ (1595-1649) und der als Rhetoriklehrer und Prediger renommierte Jakob Balde SJ (1604-1668). An technischer Gewandtheit dem Polen ebenbürtig, dem Deutschen überlegen, unvergleichlich aber durch seinen Humor und Einfallsreichtum, verschaffte er sich mit seinen 4 Büchern Lyrica (1643) sogar bei Protestanten den Ehrentitel als ein „Deutscher Horaz.“

Wir haben im letzten Semester einen Teil des dritten Buchs der Oden gemeinsam gelesen und möchten die Lektüre fortsetzen (lyr. 3, 30–48): Es erwarten uns stoische Reflexionen in den Oden (Epiktet unterliegt der Lehre des hl. Paulus), politische und ethische Allegorien (das Leben als Seefahrt und die halkyonischen Tage als beata vita), wir erfahren von einem Sammler antiker Münzen in München, der Krieg gegen Frankreich und das Schicksal der Elsäßer beschäftigt Balde, aber er lässt sich auch in einem Enthusiasmus bis nach Kairo versetzen.

Wir übersetzen und diskutieren gemeinsam die Oden, denn die intensive Lektüre macht es uns leichter, Baldes eigenwillige Gedankenführung zu verstehen. Balde überrascht seine Leser: Glaube nur niemand, er wisse schon, was bei der Seefahrtstopik zu erwarten ist; und wenn man eine Vorlage bei Horaz erkannt hat, ist Baldes Absicht noch lange nicht durchschaut! Unser Balde-Colloquium gibt seit nun schon über 30 Jahren jedem interessierten Studenten Gelegenheit, out of the mainstream erstklassige und attraktive Literatur kennen zu lernen und sich eventuell ein eigenes, dankbares Forschungsgebiet zu erschließen. Gerade auch Anfänger sind willkommen. Niemand wird zum Übersetzen genötigt. Aber ECTS-Punkte können natürlich nach Rücksprache ggf. mit der erfolgreichen Teilnahme an der vorgesehenen Prüfungsform (i.d.R. Klausur) erworben werden.

Wir werden das Colloquium wieder in Präsenz abhalten. Es besteht aber die Möglichkeit, sich über Zoom zuzuschalten. Angemeldete Teilnehmer erhalten eine E-mail mit der entsprechenden Anmeldungsmöglichkeit. Wer zusätzlich dazustoßen möchte, melde sich bitte bei: claudia.wiener@klassphil.uni-muenchen.de


Editionen:

Literatur zu Baldes Werk:

  • Georg Westermayer, Jacobus Balde, sein Leben und seine Werke, München 1868 (Ndr. 1998)
  • Anton Henrich: Die lyrischen Dichtungen Jakob Baldes, Strassburg 1915
  • Martin Heinrich Müller, Parodia christiana. Studien zu Jacob Baldes Odendichtung, Zürich 1964
  • Eckart Schäfer: „Jacob Balde (1603-1668)“, in: ders., Deutscher Horaz. Conrad Celtis, Georg Fabricius, Paul Melissus, Jacob Balde. Die Nachwirkung des Horaz in der neulateinischen Dichtung Deutschlands, Wiesbaden 1976
  • Wilfried Stroh, Baldeana, München 2004
  • Wilfried Stroh, „Balde, Jakob“, in: Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon (VL 17), Berlin /Boston 2019, 412-445

Literatur zu den Oden des dritten Buchs, die wir in diesem Semester besprechen:

  • Gesine Manuwald: Der Satiriker als Stachelschwein, Samson und Arzt. Zu Jacob Balde, Lyr. 3, 32, in: Gérard Freyburger und Eckard Lefèvre (Hgg.): Balde und die römische Satire, Tübingen 2005 (= NeoLatina 8), 65–82 [1300/FZ 14005 F893].
  • Andrée Thill: Jacob Balde (1604-1668): Un poème de l'exil (Lyrica, III, 34), in: Études Rhénanes. Mélanges offerts à Raymond Oberlé , Genève/Paris 1983 (= Bulletin de la faculté des lettres de Mulhouse 13), 108–120; Nachdr. in: Dies.: Jacob Balde. Dix ans de recherche, Paris 1991, 69–80 [1300/FZ 14005 T441].
  • Thierry Miguet: L'‘Utopia’ de Jacob Balde. Utopie-rêve et rêverie sur l'utopie, in: Jean-Marie Valentin (Hg.), Jacob Balde und seine Zeit. Akten des Ensisheimer Kolloquiums, 15.–16. Okt. 1982, Bern/Frankfurt u.a. 1986, 202–240. [1300/FZ 14005 V154]
  • Eckard Lefèvre: Zeisig und Dichter (Jakob Balde, Lyr. 3,43), in: Andreas Bihrer und Elisabeth Stein (Hgg.), Nova de veteribus. Mittel- und neulateinische Studien für Paul Gerhard Schmidt, München/Leipzig 2004, 1024–1031.
  • Beate Promberger: Die „Enthusiasmen“ in den lyrischen Werken Jacob Baldes von 1643. Übersetzung und Kommentar, München (phil. Diss.) 1998, 162–192 [1300/FZ 14005 P965].


Sonstige Ausgaben und Sekundärliteratur sind zu erschließen über
http://stroh.userweb.mwn.de/main7.html