Das Konzept der Abteilung

Die an der Abteilung tätigen Professorinnen und Professoren fassen die Erforschung der beiden Literaturen als eine zunächst literaturwissenschaftliche Aufgabe auf, bei der es gilt, Texte der beiden Literaturen mit den Instrumentarien der Literaturwissenschaft editorisch bereit zu stellen, zu analysieren und verstehbar zu machen.
Literaturwissenschaft ist dabei in einem breitgefassten Sinn zu verstehen, der sich von der Arbeit mit den Kategorien der antiken Rhetorik und Literaturkritik bis zu den – stets auf ihre Applikabilität hin zu reflektierenden und für vormoderne Literaturen zu adjustierenden – Angeboten moderner literaturwissenschaftlicher Theoriebildungen erstreckt. Dieses "Zunächst" der literaturwissenschaftlichen Dimension bedeutet zugleich eine Hierarchisierung der weiteren Aufgaben: So ergibt sich hieraus, dass die Beschäftigung mit der griechischen oder lateinischen Sprache kein Selbstzweck ist, sondern Instrument der Literaturwissenschaft.

Dementsprechend ist auch die Erforschung der griechischen und lateinischen Sprache als "langue" Gegenstand des mit der Abteilung kooperierenden Instituts für Historische Sprachwissenschaft. Ferner bedeutet dieser Zugang, dass die zu behandelnden Texte in ihrer literarischen Verfasstheit zu würdigen sind, nicht aber als "Quelle" für außerliterarische Diskurse, seien sie historisch, philosophisch oder theologisch aufgefasst werden (dies sind Herangehensweisen der Geschichtswissenschaft, Philosophie oder Theologie).

Literaturwissenschaftliche Erschließung bedeutet, dass die Texte sowohl als Phänomen in ihren synchronen wie diachronen diskursiven Einbettungen zu verstehen sind (und insofern auf ihre historischen, philosophischen, theologischen etc. Dimensionen zu befragen sind), als auch als Bestandteile eines literarischen Diskurszusammenhangs, der sich durch ihre Sprache ausdrückt, zu untersuchen sind. Hieraus leitet sich der spezielle disziplinäre Zuschnitt der Abteilung ab: In ihr ist eine 'integrative' Latinistik verwirklicht, die die gesamte in lateinischer Sprache verfasste Literatur umfasst. Wenn die Gräzistik auf die Antike (einschließlich der Spätantike) begrenzt ist, so ist dies den institutionellen Gegebenheiten der LMU geschuldet, die die mittel- und neugriechische Literatur in einem eigenen Institut ansiedelt, das auf einem kulturwissenschaftlichen Konzept von Byzantinistik beruht.